24. Mai 2022 Diskussion/Vortrag Ignorierte KZ-Opfer

Wer sind sie? Was wurde für ihre Anerkennung erreicht?

Information

Veranstaltungsort

Lern- und Gedenkort Hotel Silber
Dorotheenstr. 10
70173 Stuttgart

Zeit

24.05.2022, 19:00 - 21:00 Uhr

Themenbereiche

Deutsche / Europäische Geschichte, Erinnerungspolitik / Antifaschismus

Zugeordnete Dateien

Vorträge/Lesung – Diskussion mit Prof. Dr. Frank Nonnenmacher (Frankfurt a. M.); Ingrid Bauz, Sigrid Brüggemann (Stuttgart); Moderation: Anika Taschke (Rosa-Luxemburg-Stiftung)

Anmeldungen bitte direkt an das Haus der Geschichte BW: veranstaltungen-hs@hdgbw.de

In der interessierten Öffentlichkeit wurde das Schicksal und der Umgang mit den KZ-Opfergruppen «Asoziale», «Berufsverbrecher», «Sicherungsverwahrte» und «forensische Patienten» bisher weitgehend ignoriert. Die wenigen Überlebenden blieben aufgrund der von der NS-Justiz, Gestapo und Kripo vorgenommenen Kategorisierungen auch nach 1945 stigmatisiert und in der Regel von Entschädigungsleistungen ausgeschlossen. In vielen Fällen handelt es sich um Menschen, die wegen vergleichsweise harmloser Delikte wie Bettelei, Landstreicherei oder kleinen Diebstählen im Nationalsozialismus zu «Volksschädlingen» erklärt, weggesperrt und der Vernichtung überantwortet wurden.

Eine Initiative zur Anerkennung dieser Opfer wurde 2018 von Frank Nonnenmacher (emeritierter Professor für Sozialwissenschaften und Politische Bildung an der Goethe-Universität Frankfurt a. M.) gegründet. Als Experte wurde er zu mehreren Sitzungen des kulturpolitischen Ausschusses des Bundestags eingeladen. 2020 stimmte der Bundestag dem Antrag der Regierungskoalition „Anerkennung der von den Nationalsozialisten als «Asoziale» und «Berufsverbrecher» Verfolgten“ zu – eine Wende in der Erinnerungskultur. Obwohl alle Fraktionen die Dringlichkeit begleitender Maßnahmen betont hatten, ist deren Finanzierung bis heute nur zum geringen Teil gesichert. Was also folgt aus dem Bundestagsbeschluss? Und was ist noch zu tun? Darüber berichten und diskutieren Frank Nonnenmacher, Ingrid Bauz (Vorstandsmitglied des Mauthausen Komitees Stuttgart) und Sigrid Brüggemann (freie Historikerin).

Abgerundet wird die Veranstaltung durch eine Lesung aus der von Nonnenmacher verfassten Doppelbiografie «Du hattest es besser als ich. Zwei Brüder im 20. Jahrhundert». In ihr schildert Nonnenmacher die Lebenswege seines Vaters Gustav und seines Onkels Ernst, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Ernst musste schon früh durch kleine Diebstähle zum Lebensunterhalt der Familie beitragen, wurde später mehrfach wegen kleinerer Delikte vorbestraft, im KZ Flossenbürg und KZ Sachsenhausen inhaftiert und mit dem schwarzen Winkel der «Asozialen» sowie dem grünen Winkel der «Berufsverbrecher» markiert.

Frank Nonnenmacher ist emeritierter Professor für Sozialwissenschaften und Politische Bildung an der Goethe-Universität Frankfurt/Main.
Ingrid Bauz und Sigrid Brüggemann erforschen seit vielen Jahren verschiedene Aspekte der nationalsozialistischen Verfolgungspraxis. Sie geben einen Einblick in die bisherigen Ergebnisse des laufenden Projektes «Häftlinge aus Baden-Württemberg im KZ-System Mauthausen». Besonderes Augenmerk liegt hierbei auf den genannten «ignorierten» Opfergruppen. Anika Taschke ist Referentin für den Bereich «Neonazismus und Strukturen / Ideologien der Ungleichwertigkeit» bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Veranstalter*innen: Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg, Mauthausen-Komitee Stuttgart, Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e. V., Haus der Geschichte Baden-Württemberg


Literatur:
Frank Nonnenmacher: «Du hattest es besser als Ich» - Zwei Brüder im 20. Jahrhundert. Mit einer Widmung von Konstantin Wecker. Bad Homburg 2015 (2. Aufl.)

Standort

Kontakt

Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg

Telefon: +49 711 99797090