10. Juni 2021 Diskussion/Vortrag +++ Wegen Corona verschoben, Ersatztermin am 22. Juli +++ «Sich den Kopf der Unternehmer für eine bessere Zukunft zerbrechen...»

Der Lucas-Plan: alternative Produktion aus der Feder der Belegschaft, England 1975/76

Information

Veranstaltungsort

Altes Feuerwehrhaus Stuttgart, Großer Saal
Möhringer Straße 56
70199 Stuttgart

Zeit

10.06.2021, 19:00 - 21:00 Uhr

Themenbereiche

Parteien- / Bewegungsgeschichte, Arbeit / Gewerkschaften, Kapitalismusanalyse, Sozialökologischer Umbau, Wirtschafts- / Sozialpolitik, Spurwechsel

Zugeordnete Dateien

+++ Wegen Corona verschoben, Ersatztermin am 22. Juli +++ «Sich den Kopf der Unternehmer für eine bessere Zukunft zerbrechen...»
Members of the Lucas Aerospace Combine Committee in the steps of Wortley Hall, 1977. Mitglieder des Gesamtbetriebsrats von Lucas Aerospace, Wortley Hall, 1977 Wainwright/Elliott: «The Lucas Plan.»

+++ Da der Veranstaltungssaal im Juni noch durch die kommunale Fieberambulanz belegt ist, wird die Veranstaltung auf den 22. Juli 2021 verschoben +++

Vortrag & Diskussion mit Pit Wuhrer & Tom Adler

Baden-Württemberg ist durch eine intensive Industrieproduktion im Bereich der Auto- und Zulieferindustrie aber auch des Maschinen- und Anlagebaus geprägt. Trotz des Einzugs prekärer Beschäftigung in den Metallbereich (Leiharbeit, Werkverträge) liegen die Löhne in diesen Branchen weit über dem Level des Dienstleistungssektors und tarifliche und betriebliche Regelungen bieten relativen Schutz und Sicherheit für hunderttausende von Beschäftigten.

Den Beschäftigten der Auto- und Zulieferindustrie steht eine mehrfachen Krise bevor: Über allem steht die Klimakrise, die objektiv eine Abkehr von der Produktion von hochmotoriesierter Oberklassewägen in immer weiter wachsender Stückzahl erfordert. Der – zum Teil politisch (EU-Flottengrenzwerte), aber noch viel mehr konkurrenzgetriebene (Tesla) – technologische Wandel des Antriebsstrangs bedingt einen Strukturwandel, der schon in vollem Gange ist und potenziell viele Arbeitsplätze im Südwesten kosten könnte. Die Arbeitgeber nutzen die defensive Situation der Belegschaften und Gewerkschaften zum Angriff auf tarifliche Rechte und Standards, die ihnen schon immer ein Dorn im Auge waren und verlagern Produktion in großem Umfang ins Ausland (wobei es nichts mit Umweltschutz zu tun hat, wenn man Autoteile zukünftig zu niedrigeren Löhnen und mit höhrem Gewinn in Osteuropa herstellt…)

Solche Konstellationen des Strukturwandels sind nicht neu, sondern treten in kapitalistischen Volkswirtschaften immer wieder auf, man denke z.B. an die Stahlkrise der 70er in Deutschland. Das Dilemma vor dem Linke und Arbeiter*innenbewegung dann stehen ist die Vermittlung bzw. der Versuch einer Synthese zwischen der nötigen Veränderung der Produktion und dem legitimen Interesse der Beschäftigten Arbeit und Einkommen zu schützen.

In diesem Zusammenhang macht es Sinn sich historische Situationen zu vergegenwärtigen, in denen sich Industriebelegschaften an dieser Synthese versucht haben. Mitte der 70er Jahre organisierten sich Betriebsrät*innen und Belegschaften des britischen Konzerns Lucas Industries und machten etwas in der gewerkschaftlichen  Debatte unübliches: Sie zerbrachen sich angesichts drohender Rationalisierung und Werksschließungen «den Kopf des Arbeitgebers» und entwarfen einen ins Detail gehenden Plan der Umstellung der Produktion von Rüstungsgütern auf eine Reihe ziviler und ökologisch nützlicher Güter.

Die Initiative sorgte für großes Aufsehen in der britischen Öffentlichkeit. Auch außerhalb, z.B. in Deutschland, wurde die Konversions-Initiative des Gesamtbetriebsrats von Lucas Ltd. von Gewerkschaften mit großem Interesse aufgenommen.

Der Publizist Pit Wuhrer, lebte in den 70er Jahren in Großbritannien und verfolgte die Entwicklungen um den Lucas Plan aus nächster Nähe und hatte Kontakt zu wichtigen Akteuren wie dem Sprecher des (inoffiziellen) Gesamtbetriebsrats Michael Cooley. In seinem Vortrag stellt Wuhrer die ökonomische Ausgangslage im Großbritannien der 70er Jahre dar. Er beleuchtet die Stationen des Versuchs des Gesamtbetriebsrats ein alternatives Produktionsprogramm bei Erhaltung der Beschäftigung durchzusetzen. Er analysiert die Gründe für das Scheitern damals und skizziert die Chancen für vergleichbare Initiativen heute.

Tom Adler wird ins Thema einführen. Es ist gelernter Gießerei-Modellbauer und war viele Jahre, bis 2012, Betriebsrat bei Daimler in Stuttgart. Als Mitglied der linken Betriebsgruppe «Plakat-Gruppe», war er in die Lancierung von innerbetrieblichen Konversions-Debatten bei Mercedes in den 1980ern involviert, die einen Teil ihrer Inspiration aus dem Lucas-Plan bezogen.

Eine Veranstaltung der Rosa Luxemburg Stiftung Baden-Württemberg in Kooperation mit      Die AnStifter e.V.

Standort

Kontakt

Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg

Telefon: +49 711 99797090