Nachricht | Erinnerungspolitik / Antifaschismus Else Wolf (1898 –1973) - «Ohne Liebe ist nichts getan»

Ein Bericht zur Ausstellungseröffnung

v.l.n.r.: Jens Ebert (Leiter der Friedrich-Wolf-Gedenkstätte), Thomas Naumann (jüngster Sohn von Friedrich Wolf und Vors. der Friedrich-Wolf-Gesellschaft), Tatjana Trögel (Enkelin von Else und Friedrich Wolf, Schriftführerin der Friedrich-Wolf-Gesellschaft)
Am 29. September 2022 konnten wir die Ausstellung «‹Ohne Liebe ist nichts getan›. Else Wolf (1898 –1973) - Stationen eines unruhigen Lebens» im Willi-Bleicher-Haus Stuttgart mit etwa 50 Gästen eröffnen. Wir freuen uns ganz besonders, dass mit Thomas Naumann und Tatjana Trögle nicht nur der Vorsitzenden und die Schriftführerin der Friedrich-Wolf-Gesellschaft, sondern auch der jüngste Sohn von Friedrich Wolf, Elses Ehemann, sowie die Enkelin von Else und Friedrich Wolf anwesend waren.

Jens Ebert, Leiter der Friedrich-Wolf-Gedenkstätte in Lehnitz (Oranienburg), die ihren Sitz dort im ehemaligen Wohnhaus von Else und Friedrich Wolf hat, gab Einblicke in das ereignisreiche und wechselvolle private und öffentliche Leben Else Wolfs, von der ersten Begegnung der Else Dreibholz, dem «Mädchen aus gutem Hause» mit dem Arzt und Schriftsteller Friedrich Wolf in der Künstlerkolonie Worpswede über die Zeit der beiden in Stuttgart und Hechingen, wo Friedrich Wolf als Schriftsteller, der Naturheilkunde zugetaner Arzt und politisch Intervenierender, insb. in seinem Kampf gegen den sog. Abtreibungsparagrafen 218, prominent und zu einer kulturellen Leitfigur der Linken geworden war, dem Exil in der Schweiz, in Österreich und schließlich in der Sowjetunion, der Rückkehr nach Deutschland, in die DDR, und schließlich dem Wirken Else Wolfs nach Friedrichs Tod 1953. Sie war nicht nur Mitbegründerin des Friedrich-Wolf-Archivs und Herausgeberin seiner gesammelten Werke. Das kulturelle Leben in Lehnitz, wo Else bis zu ihrem Tod 1973 lebte, wurde entscheidend von Else Wolf als Gestalterin, Initiatorin und Mäzenatin mitgeprägt. Für dieses Engagement erhielt sie 1968 die Ehrenbürgerschaft der Gemeinde Lehnitz - als bislang einzige Frau.

Welch starke Frau Else Wolf war wurde deutlich im Gespräch mit Thomas Naumann, dem jüngsten Sohn von Friedrich Wolf und dessen junger Freundin Irmgard Schaaf, 1953, kurz nach Friedrich Wolfs Tod geboren und Tatja Trögel, Enkelin von Else und Friedrich Wolf und Tochter von Markus Wolf. Deutlich wurde aber auch die Ambivalenz ihres Lebens - Else als «treue Gefährtin» ihre Mannes, «obwohl der wieder eine neue Liebe findet». Mit vier Frauen bekommt Friedrich sieben Kinder. Else als «ruhender Pol» - Elses «unruhiges Leben». Else: kleinbürgerliche Vorstellung der Ehe hinter sich lassend - und doch ein Schmerz, der da ist und bleibt.

«Ohne Liebe ist nichts getan» - dieses Motto der Ausstellung wurde plastisch-poetisch vor Augen geführt im von Thomas Naumann gemeinsam mit Christa Hourani vom DGB-Frauenausschuss Stuttgart vorgetragenen szenischen Dialog nach Briefen von Else und Friedrich Wolf.

«Liebster, liebster Thaddäus du, du siehst also schon als uraltes Greislein unser Eheleben an? Ich danke dir für dies Geschenk. Es gehört aber wirklich nur allein mir. Und ich glaube nicht, daß ich sobald jemand davon mitwissen lasse. Es wäre genau so, als wenn ich mit deinen Worten unser Erleben von mir gäbe und das kann ich noch nicht. Später einmal, wenn ich so ein altes Hutzliweib bin und der Thaddäus vielleicht schon tot ist. Aber da denke ich noch nicht dran. Und wenn wir nach einem langen Zusammenleben wirklich einmal sagen können ‹unsere Ehe war eine einzige Sonntagsfreude, lautlos und windstill›, dann will ich ganz still und dankbar sein.

«Du bist die kleinste Welt
die doch das größte Wunder enthält,
Du bist der Punkt in der Mitten,
da die Zwei ward gleich dem Dritten.
»


Die Ausstellung ist bis zum 4. November 2022 im Foyer des Willi-Bleicher-Haus Stuttgart (Willi-Bleicher-Straße 20, Tel. 0711 28476840) zu sehen. Wir bedanken und ganz herzlich bei unsere Partnern vom DGB Stuttgart und der Friedrich-Wolf-Gesellschaft.

«‹Ohne Liebe ist nichts getan›. Else Wolf (1898 –1973) - Stationen eines unruhigen Lebens»