18. Oktober 2023 Diskussion/Vortrag Zukunft Wohnen – sozial und bezahlbar?

Vortrag & Podiumsdiskussion im Rahmen der «Don't forget Thementage 2023»

Information

Veranstaltungsort

Scala Ludwigsburg
Stuttgarter Straße 2
71683 Ludwigsburg

Zeit

18.10.2023, 19:00 - 22:00 Uhr

Themenbereiche

Kapitalismusanalyse, Wohnen

Zugeordnete Dateien

Zukunft Wohnen – sozial und bezahlbar?
Das Kulturzentrum Scala veranstaltet jährlich die Don't forget Thementage. Das gesamte Programm in 2023 können Sie hier einsehen. Livestream über https://www.mixcloud.com/live/scalatv/.

Die «Wohnungsfrage» ist wieder mit Macht auf der Tagesordnung. Die Mieten verschlingen heute große Teil der Haushaltseinkommen – ein Problem, das weit in die Schicht der Bezieher*innen mittlerer Einkommen reicht und bei Menschen mit kleinem Einkommen und mit besonderen Belastungen (z.B. Alleinerziehende) eine Ursache für Armut ist. Aktuell wird die Problematik durch die Inflation und die Teuerung in Bereich der Heizkosten weiter befeuert.
Wenn ein immer größerer Teil des Gehalts an Eigentümer*innen weitergereicht werden muss, bleibt immer weniger übrig für z.B. Bildung, Erholung, gesunde Ernährung, Gesundheit und alles das, was ein gutes Leben ausmacht...
Auf der anderen Seite, der Seite der Vermieter*innen und der Eigentümer*innen größer (aber auch kleinerer) Wohnungsbestände steht die Erwartung, aus der Investition in Immobilien mindestens eine durchschnittliche Rendite zu erziehen.
Hier tun sich Widersprüche auf, die an diesem Vortrags- und Diskussionsabend aus verschiedenen Perspektiven diskutiert werden sollen.

  • 18:30 Uhr - Einlass
  • 19:00 Uhr - Einführungsvortrag
    Wohnen als öffentliche Infrastruktur
    Politische Aushandlungsprozesse und Strategien für ein Recht auf Wohnen
    von Johanna Betz (Universität Tübingen)

    Ist die Versorgung mit und der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ein neues Problem? Sicher nicht! Seit dem Wachstum der Städte im Zeitalter der Industrialisierung ist die Notwendigkeit der Versorgung mit angemessenem Wohnraum umkämpft. Mit unterschiedlicher Motivation und in wechselnden Kräfteverhältnissen wurden Innovationen erstritten: Mieter*innen gründeten Genossenschaften und Mietervereine oder organisierten sich gegen Zwangsräumungen, der Staat führte die Wohnungsgemeinnützigkeit in der Weimarer Republik ein und subventionierte insbesondere in der Nachkriegszeit den Sozialen Wohnungsbau.
    Der Bund zog sich aus der Versorgungsorganisation ab den 1980er Jahren jedoch zunehmend zurück und übertrug den Kommunen mehr und mehr Aufgaben. Unter dem Vorzeichen knapper Kassen veräußerten viele von ihnen ehemals bezahlbare Bestände in den 1990er und 2000er Jahren. Hand in Hand gehen diese Entwicklungen mit einer zunehmenden Internationalisierung der Immobilienmärkte und der mit ihnen verknüpften Geldströme und Finanzierungsinstrumente.
    Angesichts der aktuellen «Rückkehr» der Wohnungsfrage skizziert Johanna Betz (Universität Tübingen) in ihrem Vortrag, zwischen wem in unterschiedlichen Städten derzeit um welche politischen Spielräume gerungen wird. Welche Perspektiven für eine bessere Bezahlbarkeit eröffnen sich daraus?
    Der einführende Vortrag stellt einige grundsätzliche Überlegungen zur Wohnraumversorgung in der Marktwirtschaft vor und zeichnet die Entwicklung der deutschen Wohnungspolitik in den letzten Jahrzehnten nach. Welche Ziele verfolgte die Wohnungspolitik im Zeitverlauf? Welche steuernden Instrumente wurden eingeführt und wieder abgeschafft? Wie veränderten sich die Zielgruppen und die Begünstigten der staatlichen Intervention? Welche Konsequenzen hatte dies für die Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum und welche besonderen Problematiken ergeben sich für Gruppen, die ohnehin aufgrund von Geschlecht oder Herkunft benachteiligt sind?
    Der Vortrag wird einige Hinweise auf die Frage liefern: wie sind wir zu dem Punkt gekommen, an dem wir heute in der Wohnungsfrage stehen und welche Handlungsmöglichkeiten stehen zur Verfügung, um das Recht auf bezahlbaren Wohnraum wieder für alle zu verwirklichen?

M.A. Johanna Betz ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im BMBF-geförderten Forschungsprojekt «Gemeinwohl-relevante öffentliche Güter. Die politische Organisation von Infrastrukturaufgaben im Gewährleistungsstaat», das am Institut für Politikwissenschaft der Universität Tübingen angesiedelt ist. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Wohnungsforschung und kritischer Stadtforschung und studierte Geografie in Berlin, Frankfurt am Main und Bogotá.
Im Anschluss an den Vortrag soll es genügend Zeit für Austausch und Diskussion mit dem Publikum geben.

  • 19:30 Uhr – Zeit für Diskussion und Rückfragen
  • 19:50 Uhr – Kurze Pause
  • 20:00 Uhr – Podiumsdiskussion
    Sozial, nachhaltig, gerecht
    Unterschiedliche Blickwinkel für das Wohnen der Zukunft
    Mit:
    ■ Eckart Bohn (Vorsitzender des Mietervereins Ludwigsburg),
    ■ Andreas Veit (Geschäftsführer Wohnbau Ludwigsburg),
    ■ Marc Amann (Neustart Tübingen) und
    ■ Johanna Betz (Politikwissenschaftlerin, Universität Tübingen)

    In der Podiumsdiskussion stellen Menschen ihr Sichtweise dar, deren Arbeit auf unterschiedliche Weise mit dem Wohnen zu tun hat. Was sind die größten Herausforderungen, mit denen Mieter*innen zu kämpfen haben – wenn zusätzlich zu steigenden Kaltmieten nun auch die Heizkosten abheben? Wie kann der Bau und Erhalt von Wohnungsbeständen für breite Bevölkerungsschichten realisiert werden und welchen Schwierigkeiten begegnen Vermieter*innen/Bauherr*innen in Zeiten steigender Zinsen, Grundstücks- und Baukosten? Wie kann man bezahlbaren Wohnraum «selber machen»? Das heißt: Welche alternativen Ansätze zur Schaffung von bezahlbarem Wohnen gibt es – und gelingt es mit Genossenschaften oder Miethäusersyndikat-Projekten aus dem Kreislauf steigender Kosten und Mieten auszubrechen? Welche Änderungsbedarf der politischen Spielregeln sehen die unterschiedlichen Akteure im Bereich von Bau- und Mietrecht? Schließlich wird die Diskussion auch um eine große Frage nicht herumkommen: wie gelingt die ökologische Modernisierung im Bereich der Wohngebäude in einer Weise, die Treibhausgase einspart und zugleich bezahlbaren Wohnraum erhält?

Dr. Eckart Bohn ist Vorsitzender des DMB-Mieterbundes für Stadt und Kreis Ludwigsburg e.V.. Die im Deutschen Mieterbund organisierten Mietervereine beraten ihre Mitglieder zu mietrechtlichen Fragen (Mieterhöhungen, Nebenkosten, Mietverträge und Kündigungen u.v.m.) und setzen sich als Interessensverband auf kommunaler, Landes- und Bundesebene für eine mieterfreundliche Gesetzgebung und bezahlbaren Wohnraum ein.

Marc Amann ist Diplompsychologe und engagiert sich seit längerem in stadtpolitischen Zusammenhängen und Wohnprojekten unter anderem im Mietshäuser Syndikat und aktuell bei der Genossenschaft Neustart: solidarisch leben + wohnen in Tübingen.

Andreas Veit ist seit 2010 Geschäftsführer der städtischen Wohnbau Ludwigsburg GmbH. Die kommunale Wohnungsgesellschaft verwaltet rund 2500 Wohnungen im unteren und mittleren Mietpreissegment. Welche Hürden erschweren die Schaffung und den Erhalt von bezahlbarem Wohnbau und was kann dagegen getan werden?

Veranstaltung in Kooperation mit dem Kulturzentrum Scala


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